Samstag, 24. Mai 2025

Vergessene Pflanzen



«Es ist ein natürliches Verlangen, anderen Menschen zu helfen», sagte jemand bei Familiesitzungen. Ich, klein, nickte mit dem Kopf. Ich stimmte zu. Ich habe mich an diese Momente erinnert, in denen ich anderen geholfen habe, aber ich habe das nicht gesagt, so wie ein Michail Soschtschenko lehrte: «Der schönste Mensch ist der, der anderen hilft, aber nicht darüber spricht.» Damals war ich sehr beeindruckt von seinen herrlichen Geschichten, und heute, mit den Jahren, sehe ich die tiefere Wahrheit in seinen Worten klarer denn je.


Es ist natürliches Verlangen, darüber nachzudenken, wie du den Tag anderer Menschen, Nachbarn oder einfacher Passanten Tag besser machen kann. Und ich glaube fest daran. Das Ziel ist wunderbar, und du kannst stolz auf dich sein, wenn du einem Menschen geholfen hast. 


Wenn ich Kind war, das war unbedingt richtig für mich. Ohne Ausnahme, ohne Zweifel. Doch diese kindliche Überzeugung wurde auf die Probe gestellt, als ich die Realität des Helfens im Alltag der älteren Generation erlebte.


So viele Tanten, Onkel, Omas, Opas machen alles für Ihre Neffen und Enkelkinder, aber denken keine Minute an sich. Sie gehen in alten, schäbigen Kleidern, nehmen die älteste Tasche und sehr große Pakete mit, trotz schwache Hände und starker Fußschmerzen, über die sie nicht sprechen mögen und das Thema bei der ersten Gelegenheit verändern. 


Sie leiden fast den ganzen Tag, denken nur an die Kleinen und lächeln, wenn sie sehen, dass ihre Kinder fröhlich sind. Ihre Kinder sind ihr Alles. Diese Menschen haben dieses Feuer in den Augen, wenn sie über ihre Kleinen sprechen, und alles andere…alles andere ist für sie nicht wichtig.


Viele Menschen leben in ständiger Selbstaufopferung, oft ohne den Grund dafür zu erkennen. Das merke ich besonders in der älteren Generation. Sie helfen anderen und leiden, indem sie hoffen, dass Ihnen geholfen wird, wenn die Zeit kommt. Doch diese Erwartungshaltung, dass die eigene Opferbereitschaft im Alter belohnt wird, erfüllt sich meist nur in Märchen, nicht in der Realität.


Und was mich am meisten frustriert, dass ich verstehe, warum sie auf diese Weise denken und wirken. Sie wurden im Kindheit gelehrt, nicht an ihre Wunsche zu denken und anderen zu helfen, und dadurch fröhlich zu werden. 


Ich verstehe alles, aber Ihre Denkweise kann ich nicht verändern und muss sehen, wie mit jedem Besuch die Fuße schlechter aussehen beginnen, die Tasche schwerer wird und die Hilfe abgelehnt wird. Leider können Menschen trotz unsere Wünschen nur dann wirklich geholfen werden, wenn sie es selbst möchten.


Unterstützung für uns ist wie Licht für Pflanzen. Diese Baume verliert alles, und das Licht geht nur zu den Nachbarn und lässt die heldenhaften Bäume in Zerstörung. Die Baume sterben langsam, aber sicher. Ohne Licht, leise und allein. Und wir können nur zusehen.



Samstag, 10. Mai 2025

Gedanken und Gefühle

Wenn wir frei schreiben, befreien wir uns von unseren Gedanken. Ich kann das aber irgendwie nicht. Meine Gedanken lauern überall. Bevor ich zum Stift greife, sind sie schon da. Ich weiß nicht, was ich fühle, aber ich weiß ganz genau, was ich denke. Außerdem sind meine Gedanken immer im Wettkampf miteinander – jeder Gedanke möchte klüger sein als die anderen. Ich kann gerne auch in Gegensätzen denken und nach Erklärungen für alles suchen. Ich ordne gerne meine Gedanken, suche Analogien, Beweise, widerspreche ihnen. Alles Mögliche. Das fällt mir nicht schwer.

Soweit ich aber über meine Gefühle schreiben will, habe ich ein Gefühl, durch ein Dickicht, einen dichten dunklen Wald gehen zu müssen. Ich kann sie kaum sehen, kaum nennen, kann sie kaum mit Worten beschreiben. Ich habe nur eine dunkle Ahnung davon. Meine Gedanken wollen meine Gefühle nicht freilassen, sie wollen sie bewerten. Sie haben meine Gefühle irgendwo eingesperrt und das Schlüsselchen ist verloren. Wenn meine Gefühle ein Fluss wären, wären meine Gedanken ein Damm. Vielleicht habe ich einfach Angst, dass es zu einer Überschwemmung kommt.

Meine Gefühle fand ich immer unpassend. Schon als Kind fühlte ich mich an Feiertagen besonders traurig. Und es war mir gerade sehr lustig, wenn es um ernste Dinge ging und es eigentlich keinen Grund zum Lachen gab. Ich konnte nicht erklären, warum ich mich immer so komisch fühlte. Und gerade wenn ich von vielen Menschen umgeben war, fühlte ich mich am einsamsten. Ich konnte meine Gefühle nicht einordnen und kann das auch heute immer noch nicht. Vielleicht muss ich das auch nicht. 

Normalerweise wachen meine Gedanken über meine Gefühle. Wenn aber etwas schiefläuft und die Wache für ein paar Sekunden einschläft, brechen die Gefühle für einen Moment aus ihrer Haft aus. Immer unpassend. Fehl am Ort. Und ich schäme mich jedes Mal dafür. Aber danach fühle ich mich erleichtert und glücklich wie noch nie zuvor.


Der Vogel

-       Ui – Ui – Ui! Ui -Ui! – schrie Papagei Corella.

-       Ui - Ui! – erwiderte der Junge.


Der Papagei wohnte in einem goldenen Käfig, der nicht ganz auf mittlere Papageie angepasst war, die Querlatten waren nicht waagerecht, sondern senkrecht, aber er schaffte es irgendwie, schritt über die Leiter, sprang in den Ring, spielte mit den Glöckchen. Seine Schreie waren selbst am Telefon gut zu hören. Im Büro fragte man: „Leben bei euch da Vögel?“



 Als man ihn aus der Zoohandlung nach Hause fuhr, saß er schweigend in einem kleinen Karton mit dem Gitter, war im Schock. Dafür freute sich die ganze Familie. Endlich hat man dem kleinen Sergej ein Tier gekauft. Keinen Hamster, keine Fische - einen Vogel, und keinen kleinen Kanarienvogel oder Wellensittich
, sondern einen mittelgroßen Vogel, einen Corella, er ist ein Verwandter vom Kakadu, im Geschäft hat man gesagt, dass er ein Junge ist. Der Vogel hatte eine sehr schöne Färbung – der ganze Körper war grau, aber mit einem gelben Kamm und orangenen Kreisen an den Wangen. 


Im Auto hat man Witze gemacht: „Corella – fratello“. Es war witzig, so familiär mit dem Vogel zu sprechen.


Als der Schock nach drei Wochen vorbei war, entpuppte sich der Papagei als ein ganz nettes Tier im Umgang. Er kam auf den Menschen zu und versuchte über den Käfig Kontakt zu knüpfen, schlug mit dem Schnabel und zog sich zurück, drehte den Kopf und sah mit einem Auge direkt ins Gesicht.


Das ganze Haus füllte sich mit den Geräuschen. Es war ein anderes Leben zu spüren, das es noch im Wald gibt, in einem anderen Raum, in der anderen Welt, wo noch viele Kreaturen Gottes leben.



Der Junge war sechs, er hat sich mit dem Vogel angefreundet. Den Papagei ließ man für eine kurze Zeit den Käfig verlassen. Man öffnete das Dach und wartete. Zuerst glaubte der Papagei nicht, dass der Weg frei ist, dann bekam er Angst und versteckte sich in der Ecke, ging bis zum Käfigboden runter, aber in zehn oder fünfzehn Minuten gewann die Neugier Oberhand. Dann stieg er auf die oberste Querlatte, flog auf, indem er verzweifelt mit den Flügeln schlug, und machte zuerst ungeschickt, dann immer reibungsloser schnelle Kreise im Zimmer und landete immer wieder auf der Gardinenstange. Im Buch über die Vögel stand geschrieben, dass die Corellas in Australien in großen Schwärmen wie Mauersegler leben und auf große Entfernungen fliegen.


Der Junge hing sehr am Vogel. Er wollte eigentlich einen Hund oder eine Katze, aber die Katzen mochte der Vater nicht und die Hunde liebte die Mutter nicht, mit dem Hund musste man gassi gehen, auch am Tage, wenn alle auf der Arbeit waren. Und nun hatte er einen Vogel. Aber wie kann man mit ihm Freunde sein? Einen Hund oder eine Katze kann man drücken, streicheln. Und mit dem Vogel? Mit ihm kann man nur sprechen. So hat der kleine Sergej auch gesprochen. Er kam zum Käfig und sagte: 


-       Ui! 

Der Vogel erwiderte:

-       Ui!

 

Wenn der kleine Sergej die Zinnsoldaten auf dem Fußboden aufstellte, kam der Papagei, nahm eine Figur in den Schnabel, als wolle er auch spielen. Das wunderte die Eltern sehr. Können denn der Mensch und der Vogel auch eine gemeinsame Tätigkeit ausüben? – sagten sie.


Mama regte sich darüber auf, dass Sergej das Wasser dem Vogel nicht wechselte, putzte selbst den Käfig und fegte den Fußboden. Bis spät am Abend hörte man die Stimme des Papageis und dann herrschte plötzlich Stille, wenn man den Käfig mit dem Stoff verdeckte. Kescha mochte seinen Käfig sehr und hatte keinen Wunsch, ihn schnell zu verlassen, jedoch rammte er gegen Fensterscheiben und Spiegel, wenn man ihn im Zimmer fliegen ließ.


Die Oma kam mit dem Enkelkind zu sitzen, sah den Vogel missbilligend:

-       Ihr habt exotische Tiere zu Hause – den Papagei und die Schildkröte. Und dann wundert ihr euch, warum das Kind kränkelt. Natürlich wird er mit Infektionen angesteckt und man kann nicht einmal feststellen, mit welchen. 


Der kleine Sergej wurde nicht so oft krank, aber manchmal hatte er Erbrechen beim Essen ohne jeglichen Grund. Die Ärzte sagten, dass es nicht schlimm war, dass es irgendein Problem im Magen-Darm-Trakt ist, das sich nicht feststellen lässt, und seine ganze psychologische Maske spricht von hoher Empfindlichkeit zum Essen und so weiter und so fort. Die Mutter hatte Angst, dass es schlimmer werden kann. Die Großmutter machte oft von ihren medizinischen Kenntnissen Gebrauch, um auf die Tochter Druck zu machen, der Vater nahm Bezug auf den gesunden Menschenverstand, aber das half auch nicht immer.


 Kescha fand sich schon ganz gut in der Wohnung zurecht. Ab und zu wurde er auch außerhalb des Käfigs in der Wohnung alleine gelassen, wenn der eine ins Büro und der andere in die Schule ging. Die Vorhänge mussten nur zugezogen werden, um zu verhindern, dass der Vogel gegen die Fensterscheibe rammt und stirbt. 


Im Sommer lebten die Großmutter und der Enkel auf dem Lande, der Vogel aber blieb in Moskau, um keine Umstände zu machen. Und deshalb lief auch im Sommer alles wie gewohnt. Am Wochenende, wenn die Eltern für zwei Tage den Sohn besuchen fuhren, ließen sie dem Papagei einfach mehr Futter und Wasser. 


Die Eltern nahmen zusammen Urlaub und fuhren auch aufs Land. Im Auto fuhr der Papagei im kleinen Transport-Käfig, den die Mutter auf dem Schoss hielt. In zwei Stunden kam er im vollen Schock im Landhaus an, man stellte aber den großen Käfig sofort auf den Rasen. Und Kescha hat verstanden, was die Erde, das Gras und die Blumen sind. Um ihn flatterten Schmetterlinge herum, Käfer flogen in den Käfig hinein. Er fand sich in einer ganz anderen Welt. Wenn es zu regnen begann oder dämmerte, trug man Keschas Käfig ins Haus und gab ihm mehr Weizen.


Einmal fuhren Vater, Mutter und der kleine Sergej mit dem Auto baden. Der See war vom Haus ziemlich weit entfernt und der Weg nahm eine halbe Stunde in Anspruch. Am Wochenende machte es keinen Sinn hinzufahren, da wimmelte es von Wagen mit Leuten, sodass es auf den Waldwegen manchmal zu Staus kam. Aber unter der Woche war es am Sandstrand sehr schön. Die kleineren Kinder wateten zur Insel, die Älteren schwammen so weit, dass die Eltern sie aus den Augen verloren.  





Aber sobald das Auto mit Sergejs Familie am See angekommen war, klingelte das Handy. Die Oma rief an. Ihre Stimme unterbrach und überschlug sich entweder wegen der schlechten Verbindung oder vor Aufregung: 


-       Weggeflogen … Er ist weggeflogen. Ich habe den Käfig aufgemacht und der Papagei ist aus dem Haus rausgeflogen!


Der Vater wendete. Niemand hatte mehr Lust aufs Baden. Mit großer Geschwindigkeit rasten sie zurück nach Hause. Die Erwachsenen hofften nicht mehr darauf, Kescha zu finden. Der Junge konnte nicht verstehen, was passiert ist. Die Eltern verstanden es, aber schwiegen. Ihnen war klar, dass es wohl jetzt unmöglich war, den Vogel zurückzubekommen. Manmusste aber alles Mögliche tun


Als sie ins Haus gerannt waren, lag der Käfig auf der Seite, das Futter war auf dem Fußboden verschüttet. 


-       Mama, was ist los?

-       Ich wollte ihm mehr Weizen geben, die Tür hat sich geöffnet und der Papagei ist sofort weggeflogen.


Das klang komisch. Es war normalerweise schwer, den Papagei auch durch das offene Dach hervorzulocken. Die Tür konnte er in einem größeren Zimmer auch nicht gleich finden, und jetzt hat er alles kalkuliert, den Moment genutzt und weg war er. Dann müsste er wohl schon lange davon geträumt haben zu fliehen.


Der kleine Sergej ging um das Haus herum und schrie:

-       Ui ! Ui ! Kescha komm zurück!


        Dann wurde beschlossen, die Schale mit dem Futter aufs Dach der Scheune zu stellen. Man setzte darauf, dass der unerfahrene Vogel nicht leicht das Futter finden kann. Er fraß immer nur spezielles Futter für Papageie und dürfte jetzt gerade nach der Schale suchen. Nichts desgleichen! In der Nähe des Hauses war er nicht mehr. Entweder wollte er nicht zurück oder wusste nicht wie.


Aber die Erwachsenen dachten, dass der Papagei sich doch nicht sehr weit aufhalten musste, vor den Nachbarhäusern, am Waldrand. Man konnte nur hoffen, dass Kescha Hunger bekommt, nach dem gewohnten Weg sucht und zu den Menschen fliegt. Dann wird man alle Häuser in der Siedlung umgehen und bitten, den Papagei zurückzugeben, wenn irgendein Nachbar ihn gefangen hat. Der Besuch aller Nachbarn nahm viel Zeit in Anspruch, ergab aber nichts. Alle haben schon gehört, dass Sergejs Papagei weggeflogen war, niemand hat ihn jedoch zu Gesicht bekommen. Und wenn er weder in den Häusern noch im Feld ist, wird es schon unmöglich sein, ihn zu finden.


Die Kinder der Nachbarn sind gekommen, um den Vogel suchen zu helfen und ein Junge schlug vor, am Waldrand vorbeizugehen und genau zu schauen, wer auf den Bäumen sitzt. Sie gingen alle zusammen, Kinder vom verschiedenen Alter, und Sergej rief nach seinem Papagei. Plötzlich hörte die Mutter die bekannte Stimme, man lauschte genauer hin und sah Kescha auf der Spitze des großen Baumes dem Wärterhaus gegenüber sitzen. Dieser Baum stand noch im Wald, aber nicht weit vom Weg, von da aus war wohl die ganze Umgebung zu sehen. Das war ein sehr schöner BaumMan hatte Angst, Kescha zu verschrecken, man rief ihn, der Vater rannte, den vertrauten Käfig mit dem Futter holen, den stellte man auf einen Betonpfeil am Zaun, der den Wald vom Weg trennte. Wie lange kann es dieses Haustier im Wald überhaupt schaffen?


Als alle Stricke rissen, begann der Junge aus dem Dorf auf den Baum zu klettern. Ziemlich schnell hatte er den kahlen Stamm hinter sich und war in wenigen Minuten schon auf der Spitze. Ihn trennten vom Corella nur zwei Meter, er bewegte den Zweig, wo Corella saß. Und dann flog der Papagei mit lauten Schreien weit in den Wald und ließ sich nie mehr blicken.


- Ihr seid völlig verantwortungslos. Die Tiere zu Hause fügen dem Kind großen Schaden zu. Aber ihr wollt nichts hören, wenn man es euch sagt. Ihr werdet exotische Vögel wieder und wieder kaufen und sie werden ständig wegfliegen, wenn nicht im Winter, dann im Sommer.



Und als der Vater alleine ein Gartenbeet mit dem Spaten grub, kam die Großmutter auf ihn zu und sagte leise:

-       Schade, dass du Kolja nicht gesehen hast, wie er geflogen ist. Er drehte ein paar Abschiedsrunden über dem Haus und flog schnell ins Feld. Dann hättest du mich verstanden. Und vielleicht hattest du noch etwas verstanden. Nämlich was Freiheit ist.

Sonntag, 4. Mai 2025

Bargeld oder Kreditkarte?

Ich habe meiner Mutter kürzlich das kontaktlose Bezahlen beigebracht. Aber ein Freund von mir hat gesagt, dass das nicht sicher ist. Aus meinen persönlichen Erfahrungen weiß ich, dass man gegenwärtig eine Kreditkarte jeden Tag braucht. Und es ist superbequem. Ich benutze mein Handy mit NFC, die anderen Leute können die Kreditkarte auf diese Weise auch verwenden. In verschiedenen Geschäften, im Taxi, in Restaurants bezahlen Leute fast immer mit Karte. Die Rolle der Kreditkarte ist überhaupt groß! 

Mit Kreditkarte kann man online kaufen, aber man muss an das Risiko immer denken. Aufgrund dieser Fakten kann ich Vor- und Nachteile der Kreditkarten beschrieben. Die Vorteile von Kreditkarten sind: sie sind sicherer als Bargeld, sie sind bequem, sie sind klein und können in Ihrem Handys sein. Die Nachteile sind: die Person muss immer denken, wo er oder sie bezahlt und was er oder sie kauft. Aber es ist immer noch sicherer, als einem Betrüger Bargeld zu übergeben. Man soll sich das über sein online Geld merken. So ist meine persönliche Meinung: Man muss immer genau daran denken und das benutzen, was bequem ist. Heute braucht man zweifelsohne eine Kreditkarte, weil die Zukunft mit NFC schon da ist.



Freitag, 2. Mai 2025

Russische Seele

 Wanja war kein Student, nein. Er hat die Hochschule neulich absolviert und arbeitete jetzt gelegentlich da, wo er mit seinem Deutsch Geld verdienen konnte. Aber heute hatte er Glück. Sein Freund hat ihn gebeten, für ihn im Westdeutschen Rundfunk einzuspringen, da es der 8. März war und niemand am Feiertag arbeiten wollte. Nur zwei Tage ihn vertreten. Korrespondentin Martha Krebs war eine junge Frau und Wanja kam natürlich mit einem Blumenstrauß - zum Frauentag. Aber er hat sofort verstanden: das war sehr unüblich und sah eher als sein persönliches Interesse an der jungen Dame aus. Und kein Mensch außer ihnen beiden im Büro. 

Gut, aber genau die richtige Zeit, um hier alles zu erkunden: die Küche, das Studio, die Regie und das Sekretariat, wo Wanja sich gerade hinsetzte und den Hörer nahm, wenn jemand angerufen hat. Überraschend viele Radiosender riefen an und fragten nach Martha Krebs - es gab heute also viele Bestellungen, überwiegend Live-Schaltungen für verschiedene Sendungen. 

Und schon am Ende des Tages, als die müde Martha aus ihrem Büro kam, sagte sie:

- Also Wanja, heute sollst du ausnahmsweise noch ein bisschen am Abend arbeiten. Aber das kannst du auch zu Hause tun. Für morgen hat WDR 5 eine Live-Schaltung  über die russische Seele bestellt. ich weiß ehe nichts darüber. Du sollst mir einfach schreiben, was die russische Seele ist. Das werde ich in der Sendung erzählen, wenn ich danach gefragt werde.

Und sie ging nach Hause.

Wanja schrieb zu Hause einen Text und war am nächsten Tag um neun Uhr schon im Studio. Das hat er geschrieben und zweifelte ein bisschen, ob das für die Sendung passen würde. Martha nahm den Text, bedankte sich und verschwand im ihrem Büro.


“Russische Seele”


Die “Russische Seele” ist ein Mythos, aber gerade ein Mythos ist das wahrste, was es geben kann. Es gibt z.B. keinen Mythos über die “Amerikanische Seele”, wie über den “Russischen Cowboy”.

Unter der “Russischen Seele” wird verstanden, dass das Geistige viel wichtiger als das Materielle ist.

In dieser Hinsicht - und nur in dieser - fühlen sich die Russen den Ausländern weit überlegen.

Wenn man das stressige Moskau verlaesst und in die Provinz fährt - nach Nishnij Nowgorod oder nach Rostow-am-Don - da trifft man Leute im Bus, auf der Haltestelle, und da fühlt man, dass es die “Russische Seele” gibt. In den meist unerwarteten Orten: einfach an einer Bushaltestelle, oder am Kiosk. Man kann Leute über die Sachen reden hören, die einer nie erwartet hätte: ü
ber Literatur, Philosophie, Religion. Und nicht weil sie sich mit diesem Thema extra beschäftigen, sondern einfach so, weil einer ein Buch gelesen hat, oder weil einer auf einen Gedanken gekommen ist.

Ich gehe jede Nacht um 0 h mit meinen zwei Hunden spazieren - einem Kolli und einem schäferhundartigen Mischling, den man von der Datscha nach Moskau in die Stadtwohnung mitgenommen hat, weil der Wetterbericht einen besonders kalten Winter in diesem Jahr vorausgesagt hat, und weil das Werk, wo der Hund in den Wintern “gearbeitet” hat, lahmgelegt worden war.
Der Hund war völlig wild und für ihn war ein großes Problem, in den Hauseingang hineinzugehen. Ich habe eine Stunde lang auf ihn eingeredet. Ununterbrochen erklaerte ich ihm, dass ihm nichts passiert, wenn er das Haus betritt, dass man in Moskau im Winter nicht draußen wohnen kann. Dabei lag der Hund auf dem Asphalt, hörte mir zu und kämpfte mit seinen Reflexen. Früher hat der Hund unter einem Landhaus gewohnt und hat in seinem Leben nur ab und zu die Landhäuser fuer eine kuerzere Zeit betreten, um eine Wurst zu bekommen oder um gestreichelt zu werden. Meine Einreden haben offensichtlich gewirkt, weil keiner davor mit dem Hund in seinem ganzen Leben insgesamt so viel gesprochen hat - und mit schrecklichen psychischen Problemen ging der Hund in den Hauseingang letztendlich hinein. Das ist so etwas wie ein Fallschirmsprung für mich. (Der Aufzug war dann das nächste Hindernis).

“Am Anfang war das Wort, warum ist es so, Vater?” - Stummgeborener Junge, Andrej Tarkowskij, sein letzter Film "Opferbringung, Norwegen, Ende der 80-er Jahre.

Ich werde nie vergessen, wie ich am Todestag von Tarkowskij einen Arbeiter getroffen habe. Wir haben damals in einer Gemeinschaftswohnung in der Innenstadt Moskaus gewohnt. 7 Minuten vom Kreml zu Fuß. Das Gebäude wurde 1755 von einem beruehmten Architekten erbaut. Das Haus hat den Brand von 1812 ueberstanden, weil es auf einem Hügel stand. Ihm gegenueber steht das ehmals prachtvolle Gebaeude des Jausskaja-Krankenhauses, wo 1812 Murat gestanden hat. Da riecht die ganze Umgebung nach Altmoskau. Da war ich in meinen Jungenjahren von den örtlichen Rowdies erpresst worden. Alle drei haben ein schreckliches Ende erlebt: der eine im Gefängnis, der andere wurde während eines Kartenspiels erstochen und der dritte fiel schwerbetrunken während seiner Hochzeitsfeier von der dritten Etage aus dem Fenster. - Damals forderten sie von mir, dass ich draußen mein Cello auspacke und ihnen zeige, wie darauf gespielt wird. Für mich war - und ist auch jetzt - draußen das Cello auszupacken etwas absolut Unmögliches. Schließlich hat mich Gott davor doch irgendwie durch Zufall bewahrt. Damals war ich 11 Jahre alt.

Und nun bin ich Student oder Schulabsolvent und gehe über denselben wild mit Bäumen bewachsenen Hügel. Da kommt mir ein Arbeiter mit einer Flasche aus dem nächsten Weingeschäft entgegen und fragt mich. “Haben Sie gehoert, dass Tarkowskij gestorben ist?” Nein, das habe ich nicht gehoert. Aber mich wundert in erster Linie, dass ein Werkarbeiter vom Lichatschow-Autowerk, wie es sich spaeter herausgestellt hat, so entrüstet über den Tod von intellektuellem Filmregisseur Tarkowskij ist. Tarkowskij war natürlich eine sehr bekannte Persoenlichkeit in den Breshnew-Zeiten. Aber seine Filme galten für völlig unverständlich. Die Intellektuellen hielten es hingegen für ihre Pflicht, sich alle Tarkowskij-Filme anzusehen.

Der angetrunkene Arbeiter erzählte mir die Geschichte, wie er Tarkowskij-Filme lieben gelernt hat. Einmal ging er ins Kino und da war keine Komödie, sondern ein Tarkowskij Film. Nach diesem Film ging er in die Werkbibliothek und sagte zum Werkbibliothekar (wahrscheinlich der größten Autoritaet in intellektuellen Problemen): “Iossif Moissejewitsch, ich habe in diesem Film nichts verstanden - überhaupt nichts”. - “Und wieviele Male hast du dir ihn angesehen?” - “Einmal” - “Tarkowskijs Filme muss man sich sechs oder sieben Mal ansehen, dann wirst du etwas verstehen.” Und so hat er sich denselben Film sieben Male angesehen, hat sofort Eintrittskarten für sechs Vorführungen gekauft und kannte ihn schon fast auswendig, dann noch einen Film und noch einen. Er kam zum Bibliothekar wieder und sagte: “Ja, Iossif Moissejewitsch, sie hatten recht”. 

Wenn ich mit meinen zwei Hunden gassi gehe, sehe ich oft eine Frau am Hauseingang stehen. Einmal haben wir miteinander einwenig gesprochen, und ich habe von ihr etwas erfahren. Sie ist eine Gläubige, und zwar eine “fanatisch” oder “richtig” Gläubige, denen wir gewöhnlich aus dem Weg gehen, weil diese Leute sich zu stark von den anderen unterschieden, sie haben etwas gefunden, was die anderen nur suchen und deshalb wirken sie manchmal befremdend. Wenn man mit ihnen lange spricht kann man leicht in Ohnmacht fallen. Ihre Wirkung gleicht der Wirkung des Psychotherapeuten Kaspirowskij. Und diese Frau steht vor dem Hauseingang um halb eins, weil sie betet und nicht von ihren Angehörigen gestört werden will. Das Gebet ist aber merkwürdig. Zunächst fängt sie an, normal zu beten, aber laut, vor sich hin. Dann beginnt sie, unverbundene Laute auszusprechen, und dabei denselben Sinn auszudruecken, den sie in Worten vorhin ausgedrueckt hat. Es gibt so eine Übung im europäischen Autotraining von Dr. Schmidt. Man spricht und singt fünfzehn Minuten lang unverbundene Laute aus, das reicht, um den Stress des Tages abzubauen. Es stellt sich heraus, dass man so mit dem Gott sprechen kann. Und ich dachte mir: Das bedeutet, dass man so auch auf einem Musikinstrument spielen - improvisieren - kann. Denke an Free Jazz zum Beispiel. Wie der Saxofonist in Tschuchrais Film “Taxi Blues”: “Du liebst dein Auto, Wassja, und ich meinen Saxofon und spreche mit dem Gott”. So einfach ist es. Was kann noch einfacher sein.

Siehst du in allen diesen Geschichten eine besondere Seele?"


Martha kam aus ihrem Zimmer raus und sagte:

- Nein, ich habe es wohl vermasselt. Über den Hund habe ich erzählt und das war witzig. Dass die Russen Tarkowskij lieben, habe ich auch gesagt. Na, vielleicht ist es auch gut, dass es ein Geheimnis geblieben ist. Du hast es gut geschrieben. Ich habe es schlecht erzählt. Mach dir nichts daraus. 



Gespräch der zwei Bäume

 - Schau mal, da läuft wieder dieser Typ, verspätet sich zur Arbeit.

- Wieso beeilt er sich so?

- Er will seine Zeit verkaufen. 

- Komisch. Ich würde viel geben, um mir ein wenig mehr Zeit zu kaufen.




Samstag, 26. April 2025

Einsame Menschen finden Trost in Maschinen

Einsamkeit, Geschlossenheit und… Angst? Angst vor Missverständnissen, Angst vor Aggression, Angst davor, ohne sofort offenbarte richtige Antworten zu leben. Angst vor der Ausweisung. An diese Worte kommen mir in den Sinn, wenn ich an die menschlichen Beziehungen im 21. Jahrhundert denke. 

Es ist viel leichter, mit Künstlicher Intelligenz zu sprechen. KI ist immer positiv und immer einverstanden mit dir. KI antwortet sofort und hat keine Ausreden, warum sie nicht antworten kann. Sie ignoriert einen nie und ist immer freundlich. KI gibt die besten Ratschläge. Am Ende der Kommunikation tröstet sie die Person und lässt jemanden sich fühlen, dass er oder sie gehört wurde. 

The (AI) therapist is in: Can chatbots boost mental health?

Nach dieser idealen Kommunikation vergessen viele Menschen ihre Beziehungen mit realen Personen. Sie sprechen nur mit KI, sie bitten nur KI um Ratschläge. Ich muss ehrlich zu Ihnen sein, ich kann Sie verstehen. 

Diese Menschen, welche KI als Freund wählen, haben vermutlich oft wegen ihrer realen Freunde gelitten. Das ist lange Zeit so gegangen, bis es zu sehr weh tat, weiter zu versuchen, mit anderen zu sprechen. Und ich glaube nicht, dass ich das ihnen vorhalten kann. 

Menschen waren immer… kompliziert. Sie widersprechen sich oft, sie sagen schlechte Worte zueinander ohne jeden Grund. Sie verändern sich zu oft. Die Freundin, die ich seit zwei Jahren gekannt habe, hat sich mit einem Mal verändert. 

Natürlich, als ich darüber nachgedacht habe, habe ich bemerkt, dass sie sich  langsam, aber unaufhaltsam verändert hat, und ich wollte es einfach nicht bemerken, und die Hoffnung flackerte in mir, dass es vorübergehend ist, dass alles vorbeigehen würde. 

Die Veränderungen in den Menschen sind wie der Wechsel der Jahreszeiten. Aber während wir die unvermeidlichen Jahreszeiten der Natur willkommen heißen, fällt uns das bei Menschen schwer. 

Es tut höllisch weh zu sehen, wie eine Person, die dich lange Zeit verstanden hat, nicht mehr da ist. Ihre Gesicht und Körper sind gleich, aber ihr Gehirn kannst du nicht mehr erkennen. «Mag sie Lila immer noch oder nicht? Ist diese Rockgruppe immer noch ihre Lieblingsband?», manchmal findest du dich unwissentlich hinter diesen Fragen wieder.

Sprechen mit KI kann uns helfen, die Realität lange Zeit zu ignorieren und in einer perfekten Welt zu leben. Aber unsere Welt hatte es nie mit dem Idealen zu tun. Unsere Welt ist gleichzeitig unglaublich hässlich, entsetzlich, wunderschon und mies. 

Nicht alle Augen können es sehen und ertragen. Viele Leute brauchen eine Brille, damit sie in dieser Welt überleben können, und den Platz dieser Brille ersetzt Künstliche Intelligenz gerne. 

Aber hier liegt ein großes Problem. Die desinfizierte Realität, die KI uns bietet, ist grundsätzlich unnatürlich für uns. 

Es ist die Superfähigkeit des Menschen, etwas Schönes in nicht perfekten und kaputten Dingen zu sehen. Es gibt so viel Kunst von gebrochenen Dingen, und das ist kein Zufall. Menschen haben sich immer für etwas interessiert, was nicht funktioniert, und hatten diese irrationale Liebe für Dinge, welche keinen Nutzen bringen. 

Es ist unsere Natur zu wissen, dass der Tod in seinem Verständnis schön ist, dass es gut ist, unterschiedlich zu sein: gedemütigt, laut, stark, liebevoll, heulend und geschlossen. 

Es ist natürlich, ein gebrochener Mensch zu sein. Dass bedeutet, du hast gelebt und Erfahrungen gesammelt. Du hast etwas hinterlassen und etwas entwickelt. 

Veränderungen sind Teil der Natur und wir als Kinder der Natur müssen das akzeptieren, als wäre das der wunderbare letzte Augenblick.