- Ui – Ui – Ui! Ui -Ui! – schrie Papagei Corella.
- Ui - Ui! – erwiderte der Junge.
Der Papagei wohnte in einem goldenen Käfig, der nicht ganz auf mittlere Papageie angepasst war, die Querlatten waren nicht waagerecht, sondern senkrecht, aber er schaffte es irgendwie, schritt über die Leiter, sprang in den Ring, spielte mit den Glöckchen. Seine Schreie waren selbst am Telefon gut zu hören. Im Büro fragte man: „Leben bei euch da Vögel?“
Als man ihn aus der Zoohandlung nach Hause fuhr, saß er schweigend in einem kleinen Karton mit dem Gitter, war im Schock. Dafür freute sich die ganze Familie. Endlich hat man dem kleinen Sergej ein Tier gekauft. Keinen Hamster, keine Fische - einen Vogel, und keinen kleinen Kanarienvogel oder Wellensittich
, sondern einen mittelgroßen Vogel, einen Corella, er ist ein Verwandter vom Kakadu, im Geschäft hat man gesagt, dass er ein Junge ist. Der Vogel hatte eine sehr schöne Färbung – der ganze Körper war grau, aber mit einem gelben Kamm und orangenen Kreisen an den Wangen.
Im Auto hat man Witze gemacht: „Corella – fratello“. Es war witzig, so familiär mit dem Vogel zu sprechen.
Als der Schock nach drei Wochen vorbei war, entpuppte sich der Papagei als ein ganz nettes Tier im Umgang. Er kam auf den Menschen zu und versuchte über den Käfig Kontakt zu knüpfen, schlug mit dem Schnabel und zog sich zurück, drehte den Kopf und sah mit einem Auge direkt ins Gesicht.
Das ganze Haus füllte sich mit den Geräuschen. Es war ein anderes Leben zu spüren, das es noch im Wald gibt, in einem anderen Raum, in der anderen Welt, wo noch viele Kreaturen Gottes leben.
Der Junge war sechs, er hat sich mit dem Vogel angefreundet. Den Papagei ließ man für eine kurze Zeit den Käfig verlassen. Man öffnete das Dach und wartete. Zuerst glaubte der Papagei nicht, dass der Weg frei ist, dann bekam er Angst und versteckte sich in der Ecke, ging bis zum Käfigboden runter, aber in zehn oder fünfzehn Minuten gewann die Neugier Oberhand. Dann stieg er auf die oberste Querlatte, flog auf, indem er verzweifelt mit den Flügeln schlug, und machte zuerst ungeschickt, dann immer reibungsloser schnelle Kreise im Zimmer und landete immer wieder auf der Gardinenstange. Im Buch über die Vögel stand geschrieben, dass die Corellas in Australien in großen Schwärmen wie Mauersegler leben und auf große Entfernungen fliegen.
Der Junge hing sehr am Vogel. Er wollte eigentlich einen Hund oder eine Katze, aber die Katzen mochte der Vater nicht und die Hunde liebte die Mutter nicht, mit dem Hund musste man gassi gehen, auch am Tage, wenn alle auf der Arbeit waren. Und nun hatte er einen Vogel. Aber wie kann man mit ihm Freunde sein? Einen Hund oder eine Katze kann man drücken, streicheln. Und mit dem Vogel? Mit ihm kann man nur sprechen. So hat der kleine Sergej auch gesprochen. Er kam zum Käfig und sagte:
- Ui!
Der Vogel erwiderte:
- Ui!
Wenn der kleine Sergej die Zinnsoldaten auf dem Fußboden aufstellte, kam der Papagei, nahm eine Figur in den Schnabel, als wolle er auch spielen. Das wunderte die Eltern sehr. Können denn der Mensch und der Vogel auch eine gemeinsame Tätigkeit ausüben? – sagten sie.
Mama regte sich darüber auf, dass Sergej das Wasser dem Vogel nicht wechselte, putzte selbst den Käfig und fegte den Fußboden. Bis spät am Abend hörte man die Stimme des Papageis und dann herrschte plötzlich Stille, wenn man den Käfig mit dem Stoff verdeckte. Kescha mochte seinen Käfig sehr und hatte keinen Wunsch, ihn schnell zu verlassen, jedoch rammte er gegen Fensterscheiben und Spiegel, wenn man ihn im Zimmer fliegen ließ.
Die Oma kam mit dem Enkelkind zu sitzen, sah den Vogel missbilligend:
- Ihr habt exotische Tiere zu Hause – den Papagei und die Schildkröte. Und dann wundert ihr euch, warum das Kind kränkelt. Natürlich wird er mit Infektionen angesteckt und man kann nicht einmal feststellen, mit welchen.
Der kleine Sergej wurde nicht so oft krank, aber manchmal hatte er Erbrechen beim Essen ohne jeglichen Grund. Die Ärzte sagten, dass es nicht schlimm war, dass es irgendein Problem im Magen-Darm-Trakt ist, das sich nicht feststellen lässt, und seine ganze psychologische Maske spricht von hoher Empfindlichkeit zum Essen und so weiter und so fort. Die Mutter hatte Angst, dass es schlimmer werden kann. Die Großmutter machte oft von ihren medizinischen Kenntnissen Gebrauch, um auf die Tochter Druck zu machen, der Vater nahm Bezug auf den gesunden Menschenverstand, aber das half auch nicht immer.
Kescha fand sich schon ganz gut in der Wohnung zurecht. Ab und zu wurde er auch außerhalb des Käfigs in der Wohnung alleine gelassen, wenn der eine ins Büro und der andere in die Schule ging. Die Vorhänge mussten nur zugezogen werden, um zu verhindern, dass der Vogel gegen die Fensterscheibe rammt und stirbt.
Im Sommer lebten die Großmutter und der Enkel auf dem Lande, der Vogel aber blieb in Moskau, um keine Umstände zu machen. Und deshalb lief auch im Sommer alles wie gewohnt. Am Wochenende, wenn die Eltern für zwei Tage den Sohn besuchen fuhren, ließen sie dem Papagei einfach mehr Futter und Wasser.
Die Eltern nahmen zusammen Urlaub und fuhren auch aufs Land. Im Auto fuhr der Papagei im kleinen Transport-Käfig, den die Mutter auf dem Schoss hielt. In zwei Stunden kam er im vollen Schock im Landhaus an, man stellte aber den großen Käfig sofort auf den Rasen. Und Kescha hat verstanden, was die Erde, das Gras und die Blumen sind. Um ihn flatterten Schmetterlinge herum, Käfer flogen in den Käfig hinein. Er fand sich in einer ganz anderen Welt. Wenn es zu regnen begann oder dämmerte, trug man Keschas Käfig ins Haus und gab ihm mehr Weizen.
Einmal fuhren Vater, Mutter und der kleine Sergej mit dem Auto baden. Der See war vom Haus ziemlich weit entfernt und der Weg nahm eine halbe Stunde in Anspruch. Am Wochenende machte es keinen Sinn hinzufahren, da wimmelte es von Wagen mit Leuten, sodass es auf den Waldwegen manchmal zu Staus kam. Aber unter der Woche war es am Sandstrand sehr schön. Die kleineren Kinder wateten zur Insel, die Älteren schwammen so weit, dass die Eltern sie aus den Augen verloren.
Aber sobald das Auto mit Sergejs Familie am See angekommen war, klingelte das Handy. Die Oma rief an. Ihre Stimme unterbrach und überschlug sich entweder wegen der schlechten Verbindung oder vor Aufregung:
- Weggeflogen … Er ist weggeflogen. Ich habe den Käfig aufgemacht und der Papagei ist aus dem Haus rausgeflogen!
Der Vater wendete. Niemand hatte mehr Lust aufs Baden. Mit großer Geschwindigkeit rasten sie zurück nach Hause. Die Erwachsenen hofften nicht mehr darauf, Kescha zu finden. Der Junge konnte nicht verstehen, was passiert ist. Die Eltern verstanden es, aber schwiegen. Ihnen war klar, dass es wohl jetzt unmöglich war, den Vogel zurückzubekommen. Manmusste aber alles Mögliche tun.
Als sie ins Haus gerannt waren, lag der Käfig auf der Seite, das Futter war auf dem Fußboden verschüttet.
- Mama, was ist los?
- Ich wollte ihm mehr Weizen geben, die Tür hat sich geöffnet und der Papagei ist sofort weggeflogen.
Das klang komisch. Es war normalerweise schwer, den Papagei auch durch das offene Dach hervorzulocken. Die Tür konnte er in einem größeren Zimmer auch nicht gleich finden, und jetzt hat er alles kalkuliert, den Moment genutzt und weg war er. Dann müsste er wohl schon lange davon geträumt haben zu fliehen.
Der kleine Sergej ging um das Haus herum und schrie:
- Ui ! Ui ! Kescha komm zurück!
Dann wurde beschlossen, die Schale mit dem Futter aufs Dach der Scheune zu stellen. Man setzte darauf, dass der unerfahrene Vogel nicht leicht das Futter finden kann. Er fraß immer nur spezielles Futter für Papageie und dürfte jetzt gerade nach der Schale suchen. Nichts desgleichen! In der Nähe des Hauses war er nicht mehr. Entweder wollte er nicht zurück oder wusste nicht wie.
Aber die Erwachsenen dachten, dass der Papagei sich doch nicht sehr weit aufhalten musste, vor den Nachbarhäusern, am Waldrand. Man konnte nur hoffen, dass Kescha Hunger bekommt, nach dem gewohnten Weg sucht und zu den Menschen fliegt. Dann wird man alle Häuser in der Siedlung umgehen und bitten, den Papagei zurückzugeben, wenn irgendein Nachbar ihn gefangen hat. Der Besuch aller Nachbarn nahm viel Zeit in Anspruch, ergab aber nichts. Alle haben schon gehört, dass Sergejs Papagei weggeflogen war, niemand hat ihn jedoch zu Gesicht bekommen. Und wenn er weder in den Häusern noch im Feld ist, wird es schon unmöglich sein, ihn zu finden.
Die Kinder der Nachbarn sind gekommen, um den Vogel suchen zu helfen und ein Junge schlug vor, am Waldrand vorbeizugehen und genau zu schauen, wer auf den Bäumen sitzt. Sie gingen alle zusammen, Kinder vom verschiedenen Alter, und Sergej rief nach seinem Papagei. Plötzlich hörte die Mutter die bekannte Stimme, man lauschte genauer hin und sah Kescha auf der Spitze des großen Baumes dem Wärterhaus gegenüber sitzen. Dieser Baum stand noch im Wald, aber nicht weit vom Weg, von da aus war wohl die ganze Umgebung zu sehen. Das war ein sehr schöner Baum. Man hatte Angst, Kescha zu verschrecken, man rief ihn, der Vater rannte, den vertrauten Käfig mit dem Futter holen, den stellte man auf einen Betonpfeil am Zaun, der den Wald vom Weg trennte. Wie lange kann es dieses Haustier im Wald überhaupt schaffen?
Als alle Stricke rissen, begann der Junge aus dem Dorf auf den Baum zu klettern. Ziemlich schnell hatte er den kahlen Stamm hinter sich und war in wenigen Minuten schon auf der Spitze. Ihn trennten vom Corella nur zwei Meter, er bewegte den Zweig, wo Corella saß. Und dann flog der Papagei mit lauten Schreien weit in den Wald und ließ sich nie mehr blicken.
- Ihr seid völlig verantwortungslos. Die Tiere zu Hause fügen dem Kind großen Schaden zu. Aber ihr wollt nichts hören, wenn man es euch sagt. Ihr werdet exotische Vögel wieder und wieder kaufen und sie werden ständig wegfliegen, wenn nicht im Winter, dann im Sommer.
Und als der Vater alleine ein Gartenbeet mit dem Spaten grub, kam die Großmutter auf ihn zu und sagte leise:
- Schade, dass du Kolja nicht gesehen hast, wie er geflogen ist. Er drehte ein paar Abschiedsrunden über dem Haus und flog schnell ins Feld. Dann hättest du mich verstanden. Und vielleicht hattest du noch etwas verstanden. Nämlich was Freiheit ist.